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Sichere Spielplätze sind kein Kinderspiel! Ein Fachbeitrag in Immobilia 03/2025

Sichere Spielplätze sind kein Kinderspiel! Ein Fachbeitrag in Immobilia 03/2025

"Sichere Spielplätze sind kein Kinderspiel!" Ein Fachbeitrag von Thomas Gerster (geschäftsführender Inhaber der GTSM Magglingen AG und Vizepräsident der SVSS (Schweizerische Vereinigung für die Sicherheit von Spielanlagen) in Immobilia 2025/03, dem monatlich erscheinenden Verbandsorgan des "Schweizerischen Verbandes der Immobilienwirtschaft", SVIT Schweiz

Das sind häufige Fragestellungen rund um gemeinschaftliche Spielplätze von Mehrfamilienhäusern und Wohnsiedlungen, sei es im Mietverhältnis oder im Stockwerkeigentum: 
- Benutzungsrechte von Siedlungs-Spielplätzen
- Spielplatzsicherheit
- Erstellungspflicht von Spielplätzen im Wohnbau
- Baugesuch für den Spielplatz
- Spielplatz-Lärm

BENUTZUNGSRECHTE: SIEDLUNGSSPIELPLÄTZE ÜBLICHERWEISE PRIVAT

Üblicherweise sind Spielplätze, die zu einem Mehrfamilienhaus oder einer Wohnsiedlung gehören und auf privatem Grund errichtet sind, «privat». Entsprechend hat der Werkeigentümer – also der Vermieter oder bei Gemeinschaftsflächen von Stockwerkeigentümergemeinschaften die Stockwerkeigentümer-Versammlung bzw. in deren Vertretung die Verwaltung – die Verfügungsgewalt und kann grundsätzlich Unbefugten den Zutritt verbieten und sie gegebenenfalls wegweisen.
Um das Verbot für Nichtberechtigte zum Ausdruck zu bringen, sollten Schilder angebracht werden, die den Zutritt für Unbefugte untersagen, die erlaubte Benutzung der bestimmten Gruppen spezifizieren und darauf hinweisen, dass der Zutritt für Unbefugte rechtliche Konsequenzen haben kann.
Bei einer Zuwiderhandlung kann in der Schweiz Hausfriedensbruch (StGB Art. 186) geltend gemacht werden. Allerdings ist hier Augenmass gefragt, denn 
– wie sieht die Situation aus, wenn ein berechtigtes Kind ein anderes Kind zum Spielen auf dem Spielplatz einlädt oder wenn es eben eine ganze Gruppe von (eigentlich unberechtigten) Kindern einlädt?
– wie wird es beurteilt, wenn ein (des Lesens oder der Sprache nicht kundiges und nicht straffähiges) Kind ohne Begleitung eines Erwachsenen von sich aus auf den Spielplatz geht?

Diese Fragen zeigen die juristische Verzwicktheit, aber auch die teilweise Absurdität der Diskussionen – besonders, wenn die unnötige Emotionalisierung und Instrumentalisierung des Themas Kinderlärm stattfindet.

SPIELPLATZSICHERHEIT: ES GILT DIE WERKEIGENTÜMERHAFTUNG

Spielplätze in Wohnsiedlungen bereiten viel Freude – vorausgesetzt, einige Regeln für die sichere und störungsfreie Benutzung werden beachtet. Grundsätzlich haften die Werkeigentümer nach Art. 58 Abs. 1 OR für Schäden (Unfälle bzw. Unfallfolgen), die sich infolge fehlerhafter Anlagen, Herstellung oder mangelhaften Unterhalts ereignen. Schützen können sich die Werkeigentümer durch …
– die Sicherheitsabnahme des neuerstellten Spielplatzes vor der Eröffnung durch eine ausgebildete Fachperson
– mindestens eine jährlich durchgeführte Sicherheitsinspektion der Spielplatzgeräte und Spielplatzböden sowie allenfalls auch der Zusatzausstattung wie Tore, Zäune, Bänke, Abfallbehälter, Blenden usw., ebenfalls durch eine ausgebildete Fachperson;
– regelmässige – im Idealfall dokumentierte – Kontrollen des Zustands und eines allfälligen Wartungsbedarfs des Spielplatzes, der Spielgeräte und allenfalls der unmittelbaren Umgebung durch das beauftragte, idealerweise geschulte Personal (z. B. den Hauswart oder den Gärtner) und entsprechende Ausführung von Wartungsaufträgen.
Sämtliche Prozesse sind in der verbindlichen Sicherheitsnorm SN/EN 1167 vorgeschrieben. Während diese Prozesse im öffentlichen Sektor (Schulen, Gemeinden, Freibäder usw.) langsam zum Standard werden, ist dies im privaten Sektor, insbesondere im Wohnungsbau, noch die Ausnahme. Hauseigentümer wollen die Kosten für die Inspektionen vermeiden, gehen damit aber bei einem Unfall aufgrund falscher Anlage des Spielplatzes, Fehlkonstruktion der Spielgeräte oder mangelnder Kontrolle, Wartung und Unterhalt ein hohes Risiko ein. Denn unter Umständen wird auch eine Haftpflichtversicherung aufgrund von Fahrlässigkeit Regress nehmen wollen.

ERSTELLUNGSPFLICHT: VON FALL ZU FALL UNTERSCHIEDLICH

Grundsätzlich gilt für einzelne Einfamilienhäuser keine Pflicht zur Erstellung eines Spielplatzes, wenngleich Eltern im eigenen Garten aus freien Stücken Spielgeräte aufstellen, die sich übrigens nicht an der Norm SN/EN 1176, sondern an der bezüglich Sicherheit sehr viel zurückhaltenderen und andere Faktoren als die Unfallgefahr berücksichtigenden Norm SN EN 71 für Spielzeug orientieren. Bei Wohnbauten und Überbauungen mit mehreren Einheiten sieht meist das kantonale Baugesetz eine Bestimmung (und auch manchmal eine Ausnahmebestimmung) vor, die meist ab vier, sechs oder acht Wohneinheiten einen Spielplatz und einen allgemeinen Aufenthaltsbereich fordert. Die Gemeinden sind meist frei, in ihren Bauordnungen das kantonale Recht zu konkretisieren, zu ergänzen oder zu verschärfen und auch die allfälligen Ersatzabgaben bei Nicht-Erstellung festzulegen.
So hat beispielsweise die Stadt La Chaux-de-Fonds 2025 die Ersatzabgabe pro Quadratmeter Spielplatzfläche bei MFH-Neubauprojekten neu auf 900 CHF/qm festgelegt. Die vorgeschriebene Grösse beträgt ab zehn Wohneinheiten 5 qm pro Wohneinheit ab zwei Zimmern, mindestens aber 100 qm. Im Kanton Luzern wiederum gelten 15 qm Spielplatz- oder Freizeitfläche pro Wohnung ab sechs Wohneinheiten mit mindestens drei Zimmern. Es lohnt sich also, sich im Rahmen des Planungsprozesses mit den gesetzlichen Bestimmungen vertraut zu machen. Grundsätzlich gibt es über die vage «Kindgerechtheit» und den Flächenumfang hinaus kaum qualitative Vorschriften für den Kinderspielplatz, was bedauerlicherweise auch die Erstellung von minimalen, sogenannten Alibi-Spielplätzen ermöglicht.

BAUGESUCH: THEORETISCH NOTWENDIG,PRAKTISCH OFT VERGESSEN

Bei einem Neubau wird grundsätzlich ein Spiel-,Sport- oder Aufenthaltsbereich als Teil des Umgebungsplan angezeigt und bewilligt. Üblicherweise wird bei einem Ein-zu-eins-Ersatz eines Spielplatzes (Dimensionen, Zweck und Funktionen ungefähr der alten Anlage entsprechend) bzw. einzelner Spielgeräte darauf verzichtet, ein Baugesuch zu verlangen.Oft wird dabei nicht bedacht, dass bei einer Totalsanierung einer in die Jahre gekommenen Siedlung mit Mietwohnungen, bei der auch die Mieterschaft wechselt, womit durch den Einzug von jungen Familien der Bedarf an einem gut ausgerüsteten Spielplatz im Vergleich zur reiferen, vorherigen Mieterschaft wieder steigt.
Anders sieht es bei Neubauprojekten aus. Für eine Baute – und da macht ein Spielplatz in der Regel keine Ausnahme, auch wenn hier die Behörden meist ein Auge zudrücken – braucht es in der Schweiz grundsätzlich eine Baubewilligung. Die Bedingungen, die sich meist an der verwendeten Fläche oder der maximalen Höhe der Spielanlage orientieren, hängen nicht nur vom kantonalen Baugesetz ab, sondern auch von der jeweiligen kommunalen Bauordnung, welche die kantonalen Vorschriften teilweise stark verschärfen kann. Eine Bauanfrage mit schriftlicher Antwort schützt hier vor bösen Überraschungen.

SPIELPLATZ-LÄRM: UMSTRITTEN, KLAR GEREGELT UND EINSCHRÄNKBAR

Immer wieder beschäftigt Kinderlärm die Gerichte und dabei ist der Entstehungsort vielfach der Spielplatz. Während er für die Kinder meist Ausdruck von Spass und Freude ist, kann er für Anwohner tatsächlich je nach Empfindlichkeit eine Belastung bedeuten. Kinderspielplätze und Freizeitanlagen für Kinder und Jugendliche sind gesetzlich vorgeschriebene Einrichtungen, die zu Mehrfamilienhäusern und Wohnsiedlungen gehören. Entsprechend sind Lärm-Immissionen grundsätzlich zu tolerieren (Urteil des Bundesgerichts 1A.73/2001 vom 4. März 2002, E. 3). Allerdings gilt dies nur für den Normalbetrieb. Das heisst, dass aus der Benutzung resultierende Störungen, zum Beispiel während der allgemein verbindlichen Nachtruhe (meist 22 bis 7 Uhr), nicht toleriert werden müssen (BGE 123 II 74). Sie fallen allerdings in die Zuständigkeit des polizeilichen Ordnungsdienstes.
Selbstverständlich können beispielsweise die Benutzungszeiten auch über die für die Einwohner und ihre Kinder verbindliche Hausordnung der Liegenschaft eingeschränkt werden. Ebenfalls nicht als Normalbetrieb gilt die Zweckentfremdung, beispielsweise das Garagen- als Fussballtor oder die Garageneinfahrt als Basketball-Court.

Aus: www.svit.ch/system/files/publications/2025-03/Immobilia_0325_low.pdf, Seiten 44/45

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