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Die öffentliche Sitzbank - beliebter und wichtiger als je zuvor

Die öffentliche Sitzbank - beliebter und wichtiger als je zuvor

Das öffentliche Bänkli - beliebter und wichtiger als je zuvor

Besonders in Krisenzeiten lernt man zu schätzen, was man hat. Bei uns in der Schweiz ist es die Gesellschaft und die herrliche Natur. Kein Wunder, dass die unscheinbare Sitzbank momentan eine wahre Renaissance erlebt: es ist so besetzt und beliebt wie nie zuvor. Nun handeln Schweizer Städte dementsprechend.

Sie wirkt so unscheinbar und ist dennoch absolut unverzichtbar für jeden Naturfreund: die Sitzbank. Jeder kennt das Glücksgefühl, das einen durchströmt, wenn man nach einer langen Wanderung endlich ein Bänkli findet, oder, wenn während der Mittagspause das Lieblingsbänkli am See frei ist. Die Bank ist heute allerdings längst nicht nur ein Sitzplatz im Grünen.

Bei gutem Wetter ist sie der perfekte Ort für den entspannten Apéro an der frischen Luft oder die kurze Auszeit vom stressigen Bürolärm zur Mittagspause. Sie lädt sogar zu einem kurzes entspannenden Schläfchen ein, man sieht es ja oft genug. Je schöner die Umgebung, desto beliebter ist das Bänkli. Im Wald, in grossen Parks oder am See muss man schnell sein. Denn hier ist die Parkbank sehr beliebt bei Familien, die grillieren, jungen Menschen die ihren Kaffee to Go bei herrlicher Aussicht geniessen wollen. Auch Teenies, die die Bank zu ihrem offiziellen Wochenend-Treffpunkt auserwählt haben, findet man oft.

Mit dem zunehmenden Trend, sich bewusst häufiger in der Natur aufzuhalten, nimmt auch die Beliebtheit der  öffentlichen Sitzbank zu. Dabei ist sie allerdings nicht nur Mittel zum Zweck, sondern auch Ausgangsort für schöne Erlebnisse, neue Bekanntschaften und die Beziehungspflege. Das weiß auch Herzogin Meghan, die kürzlich ihr Kinderbuch „The Bench“ veröffentlicht hat, in dem sie das besondere Verhältnis von Vätern zu ihren Söhnen thematisiert.

Die Beliebtheit der Sitzbank ist auch der Forschung bekannt. Sie hat herausgefunden, dass körperlich schwache und beeinträchtigte Menschen eher dazu ermutigt werden, sich draussen im Freien zu bewegen, wenn sie wissen, dass sie sich zwischendurch auf einem öffentlichen Bänkli ausruhen können. Außerdem erleichtert sie alltäglichen Besorgungen ungemein, wenn das Auto fehlt. Auch der allgemeine Durchschnittsmensch hält sich lieber im Freien auf, wenn er weiss,dass er seine Pause  auf einer gemütlichen Bank gestalten kann.

Die Sitzbank macht den Spaziergang im Freien oder den Wanderweg allgemein attraktiver, für jeden. Somit trägt die Sitzbank einen wichtigen Teil zum Erhalt der körperlichen Gesundheit und Fitness der Bevölkerung bei, egal ob alt und jung.

Die Bank im Netz

Renate Albrechter hat die Webseite www.bankgeheimnisse.ch ins Leben gerufen. Hier gibt es eine Landkarte, auf der jeder Fotos und Koordinaten seiner Lieblingsbank eintragen und veröffentlichen kann. Zusätzlich kann man dem Eintrag noch eine treffende Bezeichnung geben, wie etwa „Rückzugsort am Zürisee“. Sie hat in der Schweiz mittlerweile schon mehr als 200’000 Sitzbänke registriert. Der Serverspeicher der Webseite ist bereits rappelvoll mit Daten.

Diese Bänkli-Landkarte ist ein öffentliches Projekt von Renate Albrechers Verein Bankkuwww.bankkultur.chltur. Die Stadtsoziologin forscht an der ETH in Lausanne ganz konkret an diesem Thema. So untersucht sie zum Beispiel, ob und wie die Sitzbank im Grünen die „aktive Mobilität“ der Bevölkerung beeinflusst. Renate Albrecher kennt die Vorzüge des Bänkli ganz genau. Ausserdem betont Albrechter, dass die Sitzbank und der Umgang mit ihr die Werte und Kultur einer Gesellschaft verrät.

Wo genau wird die Bank platziert? Wie verhält sich der Wanderer bevor er sich setzt, wo schaut er zuerst hin? Renate Albrechter interviewt oft die Sitzbankbenutzer, wenn sie unterwegs ist. Ihr fällt dabei auf, dass in letzter Zeit Bänke öfter besetzt sind, selbst die, die vorher selten benutzt wurden. Heutzutage werden sie nicht nur von älteren Menschen besetzt, sondern sehr oft auch von Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Berufstätigen.

Bei der Stadtplanung spielt die Platzierung der Stadtbänke oft keine grosse Rolle. Oftmals wird sie erst dann bei der Planung diskutiert, wenn auch die Platzierung der Schneeräummaschinen ansteht. Hier ist die Sitzbank leider noch unsichtbar. Problematisch ist auch, dass man sich bei der Planung auch oft nicht an die Bankbenutzer hineinversetzen kann. Wie soll der Architekt wissen, wo genau der müde Wanderer beim Rundgang am liebsten seine Pause macht oder welche Aussicht der Senior am See am liebsten hätte?


Es geht allerdings auch anders. Bänke können nicht nur zum Verweilen einladen, sondern auch abschrecken. So beschreibt Sabina Ruff, Expertin für Aufenthaltsqualität öffentlicher Räume, die Bahnhofsbänke in St.Gallen als „Teenieschreck“. Die erhöhte Rückenlehne soll dafür sorgen, dass sich Jugendliche nicht auf sie setzen und die Schuhe auf die Sitzfläche stellen. Ruff lehnt diese Massnahme entschieden ab.

Sie vertritt die Meinung, dass Bänke einen Mehrzweck erlauben sollten, nur so wirken sie einladend auf verschiedene Zielgruppen. Sie sollte Jugendliche zum chillen, die Seniorengruppe zum ausruhen und die Familie zum grillieren einladen. Leider plane die Stadt zu wenig Sitzbänke und dann leider auch am falschen Ort.

Wer auf dem Bänkli sitzt, sucht das Panorama

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass das Bänkli ein unverzichtbares Accessoire für ein ungezwungenes gesellschaftliches Zusammenleben ist. Wir können uns mit ihrer Hilfe unbeschwert im freien treffen und soziale Kontakte pflegen, aber gleichzeitig auch unsere Distanz wahren. Das Bänkli ist so alt wie der Tourismus selbst: als die Menschen im 19. Jahrhundert anfingen, auf Reisen zu gehen, tauchte auch die Sitzbank auf.

Der Tourismus hat über die Jahre gezeigt, dass Stadtplätze besonders anziehend auf Reisende wirken, wenn diese sich mit ihren eigenen Augen im wahrsten Sinne des Wortes ein kompaktes Bild von diesem Ort machen können. [...]

Text entsprechend einem Artikel auf Tages-Anzeiger vom 16.05.2021:
www.tagesanzeiger.ch/die-sitzbank-wird-zum-superstar

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